Urlaub! Bevor (eher: falls) ich meine werten Mitleser mit einem Urlaubsbericht langweile, muss ich mal einige Sätze zum TV-Programm der letzten Woche verlieren. Ich habe nicht viel gesehen aber ein wenig schon.
Den Anfang macht FAKT.
Fakt ist ein TV-Magazin mit anscheinend politisch-investigativem Selbstanspruch.
1. Schmerztabletten
Ja, die bösen Schmerztabletten. Nimmt man die Pillen zu oft bzw. zu hoch dosiert, dann gibt es – OH! MEIN! GOTT! – Nebenwirkungen, die mitunter fatal sind. (Nachzulesen übrigens in jeder Packungsbeilage -.-). Deswegen müssen unbedingt kleinere Verpackungen her, die uns darauf hinweisen, dass Tabletten keine Bonbons sind. Soso.
Überdosierungen kommen vor allem dann vor, wenn Patienten über einen längeren Zeitraum zusätzlich zu verschriebenen und bereits höher dosierten Schmerzmitteln, weitere, frei verkäufliche Pillen einwerfen.
Wie die Dame, die neben den IBU 800 für ihre Rückenschmerzen auch noch die freiverkäuflichen Dolormin einnahm („das einzige Präparat, das gegen die Kopfschmerzen half“), ohne es ihrem Arzt zu erzählen. In der Apotheke hat wohl auch keiner nachgehakt.
Oder das Beispiel, dass bei Hobby-Marathon-Läufern 50% der Sportler vorsorglich Schmerzmittel nehmen (wobei man natürlich die Frage stellen kann, in wie weit diese Zahlen pure Annahme, Übertreibung oder statistisch nachgewiesen sind – einen Beleg der Behauptung findet man selbstredend nicht.).
Ja. Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergeblich.
Den Beweis, dass kleinere Packungen gegen derartiges Verhalten wirken, bleibt die Redaktion natürlich schuldig. Aber das ist ja auch nicht wichtig.
Was mir fehlte, war eine Betrachtung der Tatsache, dass Schmerzmittel in höheren Dosierungen von Ärzten offenbar recht leichtfertig verschrieben werden. Wir haben hier beispielsweise seit neuestem eine unangebrochene Packung IBU 600 stehen. Wegen mbHs Knieschmerzen. Bei denen IBU 400 hinreichend helfen, also die Notwendigkeit einer höheren Dosierung überhaupt nicht besteht und auch niemals bestand. Er musste nur sagen, dass er Schmerzen habe, und schon hatte er den Schein in der Hand. So läuft das wohl, heutzutage.
Informationen zur erhöhten Nebenwirkungswahrscheinlichkeit bei dieser Dosierung? Hinweise – seitens des Arztes, seitens der abgebenden Apotheke – darauf, dass man möglichst wenige dieser Tabletten nehmen sollte, dass selbstredend andere Schmerzmittel nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt zusätzlich eingenommen werden sollten? Fehlanzeige. DAS wär doch mal ein Punkt, der Debatte Schwung zu geben. Sachliche, ausgewogene Information ohne Panikmache, damit der Patient eigenverantwortlich entscheiden kann.
Aber Eigenverantwortung, das ist doch dieses lächerliche Relikt aus alten Zeiten. Heute gilt: Reglementieren statt informieren. Das ist hip, das ist en vogue. Damit geht es uns allen bald viel besser.
2. Lügendetektoren.
Ein Beitrag über den Einsatz von Lügendetektoren im Rahmen der deutschen Strafgerichtsbarkeit. Eigentlich durchaus nicht uninteressant, wenn nicht die Beispiele so blass wären, frei von Details und aus irgendeinem Grund gekürzt wirkten. So sehr, dass einem die „Erkenntnis“, dass diese Technik natürlich sehr wohl vertrauenswürdig und immer der Wahrheitsfindung dienlich sei und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts folglich ein Fehlurteil gewesen sein müsse, praktisch aufgedrückt wird.
Der ganze Beitrag ist unglaublich einseitig, oberflächlich und manipulierend. Eine Sendung, die sich auf die Fahnen schreibt, über Hintergründe zu berichten, sollte das besser machen.
3. BND hat Zugang zu Prism-Technologien
Es wird eine Detektivgeschichte erzählt, wie der BND Zugang zu den zur großflächigen Datenüberwachung notwendigen Technologien bekommen haben soll. Kann so gewesen sein, ist aber völlig unwesentlich.
Ich nehme nicht an, dass irgendein halbwegs klarerdenkender Kopf dieser Republik bezweifelt, dass der BND die technologischen Möglichkeiten zur Überwachung der Datenströme in Deutschland besitzt. Ich nehme weiterhin an, dass kein halbwegs klardenkender Kopf bezweifelt, dass diese Technologien auch genutzt werden.
Interessant wird es jedoch, als FAKT erklärt, sie seien dieser mutmaßlichen Tarnfirma GTS bereits 2011 auf die Spur gekommen. Sie haben in 2011 ein Interview mit dem Firmeninhaber geführt. Ich frage mich ja, wieso das seinerzeit nicht groß rausgebracht wurde. Das wäre doch viel spannender gewesen als jetzt.
Als amüsanten Konterpunkt zum bereits bekannten Verschwörungsgenuschel bekam der geneigte Zuschauer dann die Einladung, auf Facebook mit anderen über das Thema Überwachung zu sprechen. Da wird gleich noch einmal der Bock zum Gärtner gemacht. Aber egal, ich habe zumindest herzlich gelacht. Dafür zahle ich also meine Gebühren.
4. Die Gegendarstellung.
Fakt ist: FAKT hat Mist gebaut. Die haben im Januar einen „investigativen“ Beitrag gebracht und behauptet, Maredo hätte seine Mitarbeiter überwacht, auf Basis dieser Überwachung Kündigungen ausgesprochen und sich darüber hinaus geweigert, zu diesem Vorwurf Stellung zu beziehen. Blöd nur, dass Maredo Stellung bezogen hatte, nur nicht vor der Kamera. Und noch blöder, dass Maredo angesichts der falschen Behauptungen von FAKT auf den Gedanken kam, auf eine gerichtliche Auseinandersetzung Wert zu legen und eine Gegendarstellung verlesen zu lassen.
Der Inhalt der Gegendarstellung wirft ein bezeichnendes Licht auf die Meinungsmanipulation im deutschen Fernsehen. Wieder einmal tun sich die Abgründe des gebührenfinanzierten Qualitätsjournalismus auf. Ich kann nur empfehlen, diesen Teil der Sendung zu schauen und möchte an dieser Stelle der Firma Maredo meine Hochachtung für die Durchsetzung dieser Gegendarstellung ausdrücken. Chapeau!