Gelegenheitsfernsehen. FAKT vom 16.7.2013

Urlaub! Bevor (eher: falls) ich meine werten Mitleser mit einem Urlaubsbericht langweile, muss ich mal einige Sätze zum TV-Programm der letzten Woche verlieren. Ich habe nicht viel gesehen aber ein wenig schon.

Den Anfang macht FAKT.

Fakt ist ein TV-Magazin mit anscheinend politisch-investigativem Selbstanspruch.

1. Schmerztabletten
Ja, die bösen Schmerztabletten. Nimmt man die Pillen zu oft bzw. zu hoch dosiert, dann gibt es – OH! MEIN! GOTT! – Nebenwirkungen, die mitunter fatal sind. (Nachzulesen übrigens in jeder Packungsbeilage -.-). Deswegen müssen unbedingt kleinere Verpackungen her, die uns darauf hinweisen, dass Tabletten keine Bonbons sind. Soso.
Überdosierungen kommen vor allem dann vor, wenn Patienten über einen längeren Zeitraum zusätzlich zu verschriebenen und bereits höher dosierten Schmerzmitteln, weitere, frei verkäufliche Pillen einwerfen.
Wie die Dame, die neben den IBU 800 für ihre Rückenschmerzen auch noch die freiverkäuflichen Dolormin einnahm („das einzige Präparat, das gegen die Kopfschmerzen half“), ohne es ihrem Arzt zu erzählen. In der Apotheke hat wohl auch keiner nachgehakt.
Oder das Beispiel, dass bei Hobby-Marathon-Läufern 50% der Sportler vorsorglich Schmerzmittel nehmen (wobei man natürlich die Frage stellen kann, in wie weit diese Zahlen pure Annahme, Übertreibung oder statistisch nachgewiesen sind – einen Beleg der Behauptung findet man selbstredend nicht.).
Ja. Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergeblich.
Den Beweis, dass kleinere Packungen gegen derartiges Verhalten wirken, bleibt die Redaktion natürlich schuldig. Aber das ist ja auch nicht wichtig.

Was mir fehlte, war eine Betrachtung der Tatsache, dass Schmerzmittel in höheren Dosierungen von Ärzten offenbar recht leichtfertig verschrieben werden. Wir haben hier beispielsweise seit neuestem eine unangebrochene Packung IBU 600 stehen. Wegen mbHs Knieschmerzen. Bei denen IBU 400 hinreichend helfen, also die Notwendigkeit einer höheren Dosierung überhaupt nicht besteht und auch niemals bestand. Er musste nur sagen, dass er Schmerzen habe, und schon hatte er den Schein in der Hand. So läuft das wohl, heutzutage.

Informationen zur erhöhten Nebenwirkungswahrscheinlichkeit bei dieser Dosierung? Hinweise – seitens des Arztes, seitens der abgebenden Apotheke – darauf, dass man möglichst wenige dieser Tabletten nehmen sollte, dass selbstredend andere Schmerzmittel nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt zusätzlich eingenommen werden sollten? Fehlanzeige. DAS wär doch mal ein Punkt, der Debatte Schwung zu geben. Sachliche, ausgewogene Information ohne Panikmache, damit der Patient eigenverantwortlich entscheiden kann.

Aber Eigenverantwortung, das ist doch dieses lächerliche Relikt aus alten Zeiten. Heute gilt: Reglementieren statt informieren. Das ist hip, das ist en vogue. Damit geht es uns allen bald viel besser.

2. Lügendetektoren.
Ein Beitrag über den Einsatz von Lügendetektoren im Rahmen der deutschen Strafgerichtsbarkeit. Eigentlich durchaus nicht uninteressant, wenn nicht die Beispiele so blass wären, frei von Details und aus irgendeinem Grund gekürzt wirkten. So sehr, dass einem die „Erkenntnis“, dass diese Technik natürlich sehr wohl vertrauenswürdig und immer der Wahrheitsfindung dienlich sei und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts folglich ein Fehlurteil gewesen sein müsse, praktisch aufgedrückt wird.
Der ganze Beitrag ist unglaublich einseitig, oberflächlich und manipulierend. Eine Sendung, die sich auf die Fahnen schreibt, über Hintergründe zu berichten, sollte das besser machen.

3. BND hat Zugang zu Prism-Technologien
Es wird eine Detektivgeschichte erzählt, wie der BND Zugang zu den zur großflächigen Datenüberwachung notwendigen Technologien bekommen haben soll. Kann so gewesen sein, ist aber völlig unwesentlich.
Ich nehme nicht an, dass irgendein halbwegs klarerdenkender Kopf dieser Republik bezweifelt, dass der BND die technologischen Möglichkeiten zur Überwachung der Datenströme in Deutschland besitzt. Ich nehme weiterhin an, dass kein halbwegs klardenkender Kopf bezweifelt, dass diese Technologien auch genutzt werden.
Interessant wird es jedoch, als FAKT erklärt, sie seien dieser mutmaßlichen Tarnfirma GTS bereits 2011 auf die Spur gekommen. Sie haben in 2011 ein Interview mit dem Firmeninhaber geführt. Ich frage mich ja, wieso das seinerzeit nicht groß rausgebracht wurde. Das wäre doch viel spannender gewesen als jetzt.
Als amüsanten Konterpunkt zum bereits bekannten Verschwörungsgenuschel bekam der geneigte Zuschauer dann die Einladung, auf Facebook mit anderen über das Thema Überwachung zu sprechen. Da wird gleich noch einmal der Bock zum Gärtner gemacht. Aber egal, ich habe zumindest herzlich gelacht. Dafür zahle ich also meine Gebühren.

4. Die Gegendarstellung.
Fakt ist: FAKT hat Mist gebaut. Die haben im Januar einen „investigativen“ Beitrag gebracht und behauptet, Maredo hätte seine Mitarbeiter überwacht, auf Basis dieser Überwachung Kündigungen ausgesprochen und sich darüber hinaus geweigert, zu diesem Vorwurf Stellung zu beziehen. Blöd nur, dass Maredo Stellung bezogen hatte, nur nicht vor der Kamera. Und noch blöder, dass Maredo angesichts der falschen Behauptungen von FAKT auf den Gedanken kam, auf eine gerichtliche Auseinandersetzung Wert zu legen und eine Gegendarstellung verlesen zu lassen.
Der Inhalt der Gegendarstellung wirft ein bezeichnendes Licht auf die Meinungsmanipulation im deutschen Fernsehen. Wieder einmal tun sich die Abgründe des gebührenfinanzierten Qualitätsjournalismus auf. Ich kann nur empfehlen, diesen Teil der Sendung zu schauen und möchte an dieser Stelle der Firma Maredo meine Hochachtung für die Durchsetzung dieser Gegendarstellung ausdrücken. Chapeau!

3 Gedanken zu „Gelegenheitsfernsehen. FAKT vom 16.7.2013

  1. Wir sind ein Volk von Kopfschüttlern geworden. Vielen Menschen fällt dies oder jenes auf das in diesem Lande falsch läuft. Es wird gebloggt, es wird getwittert und es wird auf Facebook veröffentlicht. Manchmal wird es auch noch ganz analog dem Nachbarn oder der Familie erzählt. Da geht es um Steuern, da geht es um Überwachung, da geht es um die Auszeichnung von Zigarettenpackungen, da geht es um die Dynamopflicht bei Fahrrädern oder um Baustellen, die angefangen und Jahrelang nicht fertig werden. Es sind hunderte und tausende Kleinigkeiten oder auch echte Ungerechtigkeiten. Es geht um geldverschwendung und kriminelle Energie. Und weil die Menschen soviel darüber schreiben und sich austauschen – verpufft das Ganze. Der Politiker nennt es Wutbürgertum und damit hat sich der Käse gegessen.

    Wenn die Wahl kommt, macht jeder Bürger brav sein Kreuz bei CDU, SPD, den Grünen und evtl. noch bei der FDP. Schließlich ist es Alternativlos und die Medienlandschaft propagiert es auch so.

    Und genau das ist auch der Grund warum sich in diesem Lande nichts ändert und auch weiterhin Gigabytes an Daten mit dem virtuellen kopfschütteln über Obama, Merkel und ManagerXYZ. gefüllt werden. Wir haben eben genau das Land das wir verdient haben – und vermeintlich ist es auch eines der besten Länder der Welt schließlich können wir uns über derlei Dinge beschweren. Es hört bloß niemand ernsthaft zu.

  2. Absolut alles. Das Eine bedingt das Andere. Die Medien propagieren #Alternativlos – und die Politik erlaubt durch eine Zwangssteuer ala GEZ eben dies zu tun. Von Objektivität ist bei den Dritten doch noch weniger zu sehen als bei den Privaten. Die Privaten sind nur Sensationslüstern – die Dritten hingegen sind Propagandamaschinen in denen Politiker die in Aufsichtsräten der Dritten sitzen entsprechende Inhalte generieren lassen.

    Es ist in Deutschland unheimlich schwer geworden sich unabhängig zu informieren. Auch im zusehends Medienkontrollierten Internet wird es immer schwieriger die Informationen zu filtern. Wenn ich nicht in meinem eigenen kleinen Reich leben würde wäre mir Angst und Bange. Das sind inzwischen fast amerikanische Verhältnisse. Wir sind der USA vll. noch 5-10 Jahre hinterher.

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