Taufe.

In meinem Spielplatz-und-überhaupt-Mutti-Bekanntenkreis gibt es eine merkwürdige Entwicklung, die ich nicht ganz verstehe. Die lassen alle ihre Kinder taufen. Obwohl sie mit der Kirche an und für sich nichts am Hut haben.
Das verstehe ich nicht. Es heißt dann immer, man wolle den Kindern „nicht die Möglichkeit nehmen, später (selbst) zu entscheiden.“

Ist es nicht im Gegenteil so, dass ich, wenn die Taufe im Säuglings- oder Kleinkindalter durchgeführt wird, dem Kind die Wahlmöglichkeit nehme?
Ist es nicht besser- oder zumindest sinnvoller bezogen auf die eigene Entscheidung des Kindes – wenn die Taufe erst im Jugendalter im Rahmen des Konfirmandenunterricht bzw. als Erwachsenentaufe durchgeführt wird?

Es geht mir dabei weniger um die christlichen Familien, in denen der Glaube jeden Tag gelebt wird. Es geht um die, die selbst ungetauft sind oder die Kirche verlassen haben. Letzteres tut man ja auch aus Überzeugung und nicht wegen der bösen Kirchensteuer. Hoffentlich.

13 Gedanken zu „Taufe.

  1. Das Thema ist bei uns auch heiß diskuttiert. Ich sehe es so wie du. Ich will dem Kind nichts Vorwegnehmen – wenn es sich Taufen lassen will, geht das problemlos auch zu einer Zeit in der es selber entscheiden kann.

    Meine junge Ehefrau und Söldnerin des Glaubens (sie „liebt“ es wenn ich das sage) bangt jedoch um das Seelenheil des Kindes. Denn wenn man ungetauft ist, dann wird man sofort Scientologe. Und außerdem nehmen die ganzen christilichen Kindergärten keine ungetauften – und außerdem ist die Kirche hier mit der Landjugend eine Clique die einem als Eltern das Leben erleichtert durch Beschäftigung des Nachwuchses, kleine Ausflüge etc. Der wichtigste Grund ist aber: Keine Taufe = keine Taufpatin oder Taufpate. Warum auch immer – aber es scheint sehr wichtig für die frühkindliche Entwicklung zu sein einen entsprechenden Paten zu haben…

    Wir können das nicht verstehen – wir kommen beide aus kommunistischen Ländern bzw. unsere Eltern. Im ehemaligen Jugoslawien war Weihnachten und Ostern zu feiern sowas wie Staatsverrat. Mir soll es recht sein. Ich gebe vielleicht mein Seelenheil auf – aber die gesparte Kirchensteuer auf ein ganzes Leben gerechnet mit Zins & Zinseszins wäre eine Eigentumswohnung in der Stadt bzw. ein Haus auf dem Land. Sehr sozial dies aufzugeben – aber hey: Katz frisst Maus – ich machs nicht.

  2. Ja, mir ist das auch aufgefallen, dass nahezu alle ihre Kinder taufen lassen (und kirchlich heiraten), auch wenn sie sonst rein gar nichts mit der Kirche zu tun haben.

    Ich wusste gar nicht, dass man sein Kind taufen lassen kann, wenn man als Eltern selbst gar nicht in der Kirche ist. Aber vermutlich nehmen die jedes Schäfchen. Wir haben unsere Kinder nicht taufen lassen. Ich selbst bin nicht getauft, mein Mann (der nicht aus einem kommunistischen Land, sondern aus dem recht christlich geprägten Süddeutschland stammt) ist vor Jahren aus der Kirche ausgetreten.

    Eine Freundin von mir wohnt in Bayern und sie meinte, bei ihnen muss man sein Kind einfach taufen lassen. Anders geht es gar nicht, das gibt Gerede im Dorf. Und ich denke auch, dass es schon praktisch sein kann, wenn man die Angebote wie Kinderbetreuung, Kitas etc. nutzen kann. In Berlin spielt das alles allerdings kaum eine Rolle. Es gibt genug andere Betreuungsmöglichkeiten. Lediglich die katholischen und evangelischen Schulen (sind in Berlin sehr begehrt) könnten ein Argument sein. Aber ob das Taufen allein reicht, um einen der insgesamt ca. 20 Plätze pro Schuljahr zu ergattern…?

    Dass Paten wichtig sind, glaube ich durchaus. Viele Bezugspersonen für ein Kind sind nie verkehrt. Bekannte von uns haben das ohne Taufe etwas eigenartig geregelt. Sie haben, einfach so, zwei Leute aus ihrem Bekanntenkreis ohne jegliche Taufe oder sonstwas, zu Paten erklärt.

  3. Genau in so eindem Dorf in Süddeutschland leben wir. Keine Ahnung ob es Gerede im Dorf gibt – aber es gäbe Gerede in der Familie. Ich finde die Lösung aus deinem Bekanntenkreis gut – wozu muss vorher das Kind von einem Pfarrer naß gemacht werden damit man sich einen Paten raussuchen kann. Wenn Interesse an sowas besteht kann man es doch einfach deklarieren ohne das kirchliche drumherum.

    Ist es dadurch weniger Wert? Ich werde es nie verstehen. Kirche und 98% der Homöpathie und Kettenmails – versteh ich einfach nicht.Entweder ich bin zu sehr Realist – oder das Gegenteil.

    • Weniger wert ist es auf keinen Fall. Ich weiß nicht, ob Paten, die man so richtig bei der Taufe „bekommt“, irgendwie schriftlich festgehalten werden und es daher „ernster“ wirkt als so eine Vereinbarung mit den Eltern.

      Vorhin habe ich spaßheitshalber mal gegooglet, warum Leute ihre Kinder taufen lassen. Die Argumente waren unter anderem: die Kinder werden in der Schule sonst ausgegrenzt und wenn sie später einen sozialen Beruf (Sozialpädagoge o.ä.) werden wollen, hätten sie es ungetauft schwerer. Naja…Das dürfte regional sehr unterschiedlich sein.

  4. Meine Kinder sind getauft. Wir sind kirchlich verheiratet. Wohnen auf dem Land.
    ABER wir haben es tatsächlich aus Überzeugung getan und weil wir tatsächlich unglaublicherweise gerne katholisch sind. Wobei ich jetzt nicht immer mit der Institution Kirche zufrieden bin, wenn nicht sogar radikal dagegen.
    Ich verstehe nicht, warum man sich kirchlich trauen lässt, wenn man nichts mit Kirche am Hut hat. Und ich verstehe nicht warum man sein Kind taufen lässt, wenn man nie die Kirche besucht und den christlichen Glauben lebt. Das macht für mich einfach keinen Sinn. Vorteile gibt es nur wenige, vielleicht um in einem Dorf dazuzugehören oder den erleichterten Besuch von Schule und Kindergarten. Aber eigentlich dürften auch dieses keine Argumente sein. Wer geht mit den Kindern zu Kommunionunterricht, wie erkläre ich ihnen, dass sie zwei Jahre Konfirmandenunterricht besuchen sollen? Wie sollen Kinder Glauben kennenlernen, wenn er nicht gelebt wird, wenn sie ihn nicht erleben können? Genauso wenig können sie sich aber für oder gegen etwas entscheiden, wenn sie es nicht kennen. So müsste man als Kind/Jugendlicher/Erwachsener erst einmal unterschiedliche Glaubensrichtungen kennen lernen und erleben bevor man sich dann für oder gegen etwas entscheiden. Dieses wird aber meist so nicht praktiziert oder in der Schule gelehrt. (Religionsunterricht in der Schule, gerechtfertigt oder nicht?)
    Aber nur aus der Kirche auszutreten, um die Steuern zu sparen, finde ich genauso haarsträubend.

  5. Was ist denn daran haarsträubend? Glauben und Staat sollten NIE in einen Topf geworfen werden daher ist eine Steuer auf den Glauben purer blödsinn – zumal in der Kirche trotzdem der Klingelsack rumgereicht wird und zusätzlich um Spenden gebeten wird. Wir sind meines Wissens nach auch der einzige Staat der eine Kirchensteuer hat…

  6. Es gibt viele Steuern hier in unserem Land, die einfach zur haarsträubend sind und trotzdem wandert man nicht gleich aus. Und was überhaupt ist eigentlich mit dem Soli? Ob der wirklich rechtzufertigen ist?
    Ich habe kein Problem meine Kirchensteuern zuzahlen, zahlen muss ich doch sowieso für so vieles und kann es nicht mitbestimmen. Spenden werden überall gesammelt, auch für Aufgaben des Staates wie Kindergärten (hier im ländlichen Bereich auch häufig mit kirchlichem Träger), Schulen, Jugendeinrichtungen… (viele Jugendeinrichtungen im ländlichen Bereich werden übrigens von den Kirchen mitgetragen, was wären wir ohne???)
    Die Steuer unterstützt nicht nur die Kirchen, sondern indirekt auch Aufgaben des Staates. Wenn wir diese abschaffen würden, dann würde die Kirchen sich vermutlich weniger engagieren und der Staat müsste vieles auffangen und mit etwas anderem Steuern eintreiben.

    Und haarsträuben deswegen, weil ich Menschen kenne, die aus der Kirche ausgetreten sind, um Steuern zu sparen, aber deren Kirchen und Gottesdienste besuchen, Einrichtungen und Hilfestellungen der Kirchen gerne besuchen und benutzen. Das ist m. E. nicht in Ordnung.

  7. Du solltest dich besser informieren. Die Aspekte die du dort ansprichst zahlt der Staat der Kirche bereits – dafür wird kein Cent von der Kirchensteuer genommen. Das ist ja das „lustige“ – jeder von uns zahlt durch seine Steuerbereits die christlichen Kindergärten, Tagfesstätten etc.

  8. So ganz stimmt dieses nicht. Da meine Schwiema genau in diesem Bereich tätig ist und ich lange Jugendverbandsarbeit geleistet habe, kann ich dieses durchaus beurteilen. Wobei es richtig ist, dass der Staat durchaus mitzahlt, aber nicht alles. Es gibt immer Kosten, die der Träger übernehmen muss und Kosten, die der Staat trägt, sowie die Kosten, die die Eltern tragen (Frühkindlicher und Elementarbereich).
    Im jugendhilfebereich ist es ähnlich, denn nicht alles übernimmt hier der Staat, sondern ebenfalls werden Gelder des Trägers aufgewendet. So einfach ist es also nicht.

  9. Du willst nicht ehrlich behaupten, dass alles Engagement seitens der christlichen Einrichtungen und Initiativen bereits eins zu eins vom Staat getragen wird, oder habe ich das falsch verstanden?
    Wobei ich schon finde, dass die christlichen Kirchen besonders die katholische durchaus einigen Reformbedarf hat, auch im Bereich wie man seine Mitarbeiter behandelt, wie man zahlt und wie mit Geldern der Gläubigen umgegangen wird.

  10. Laut http://www.kirchensteuer.de werden z.B. Kindertagesstätten von der öffentlichen Hand zwischen 80 und 100% bezuschusst.

    Insgesamt ist die Seite sehr empfehlenswert zu dem Thema. Aber letztlich geht es am eigentlichen Thema „Taufe“ vorbei. Es kann ja zum Glück jeder selber entscheiden ob er Kirchensteuern zahlen will oder nicht – man ist definitiv nicht der bessere Mensch, wenn man sich entschließt zu zahlen – andersherum natürlich auch nicht.

  11. Oh, dass habe ich damit auch nicht gemeint. ein besserer Mensch bin ich so wie so nicht, muss mich aber häufig dafür rechtfertigen, dass wir katholisch sind und auch zur Kirche gehen. Leider.

    Eine Tauffeier ist es etwas tolles. Sicher gibt es diese doch auch in sogenannten Freikirchen, wenn man dieses Zeremonielle vllt. braucht. Ist bei Trauungen ja nichts anderes, um die Zeremonie zu haben muss man heute nicht mehr in die Kirche zu gehen. Aber es ist wieder ein Trend.

  12. Ich unterscheide ganz stark zwischen Glauben und Kirche. Ich könnte wunderbar an Gott glauben, tief katholisch sein und trotzdem nicht „in“ der Kirche sein – was in Deutschland gleichbedeutend wäre mit – Kirchensteuern zahlen.

    In Deutschland ist die „Kirche“ leider ein bürokratisches Konstrukt dass dem Glauben absolut nicht gerecht wird. Letztlich zahlt der gläubige Katholik mit der Kirchensteuer auch die Ausgaben von anderen Glaubensrichtungen und ich wette einiges dieser Ausgaben würde man nicht unterschreiben, wenn man danach gefragt würde.

    Sprich: Ich finde einen Glauben zu haben und diesen zu pflegen gut. Ein Glaube kann Stütze, Trost und mehr sein.

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