Erinnerungen #3

Vom Badespaß.

In den 90ern gab es ja Kohls „blühende Landschaften“ in einer besonderen Form. Überall im Osten unserer BananenBundesrepublik wurden Dörfer und Dörfchen mit High-End-Deluxe-Badespaßzentren ausgestattet. Ich erinnere mich, dass wir auch mal in einem dieser Bäder waren. Irgend ein Örtchen in Sachsen hatte sein Bad gerade neu eröffnet. Das muss so 1994 oder 1995 gewesen sein. Alles war schick und sauber, es gab eine schöne Rutsche die in einem etwa 1,30 tiefen Becken endete. Toll.

Die Rutsche ist mir in Erinnerung geblieben, weil dort ein ungefähr 30 Sekunden dauerndes Ereignis auftrat.
Ich war gerade gerutscht und wuselte nun im Becken herum. Da war dieser Junge, er war vielleicht 5 oder 6 Jahre. Vielleicht auch etwas jünger. Er war auch frisch gerutscht. Mit Schwimmflügeln. Nun stand er da im Wasser und tat… nichts. Ok, er guckte mich mit großen Augen an. Ich guckte zurück. Der bewegte sich fast gar nicht. Ich war völlig fasziniert von diesem Anblick. Es war so merkwürdig. Ich erwartete, dass er irgend etwas tut. Irgendwie bemerkte ich beiläufig, dass sein Mund auf Wasserhöhe war. Ich dachte mir, dass es komisch sei, so kann man ja nicht richtig atmen. (Ich habe das wirklich gedacht. 😉 ). Und ich guckte weiter, erwartete, dass er was sagt, ein Zeichen gibt, von mir aus lacht und davon wuselt. Nichts. Gar nichts. Nur große Augen. Das war mir dann unheimlich, ich hatte den Eindruck, er habe ein Problem, verstand aber nicht, wieso er dann einfach nichts tat. Irgendwann, eine gefühlte Ewigkeit später, tat er immer noch nichts und darauf hin habe ich ihn mir gegriffen, hochgehoben, so dass sein Kopf gut überm Wasser war (Auftrieb sei dank), und an den Beckenrand getragen. Ironischerweise wehrte er sich nicht (was ich erwartet hätte) und sagte auch nichts. Erst, als ich ihn abgesetzt hatte und eine Frau (seine Muddi?) heran sprintete, fing er an zu weinen. Ich hab mich dann lieber schnell verdrückt, bevor ich am Ende noch Ärger bekommen konnte.

Ich habe das damals wirklich nicht verstanden. Irgendwann war es dann auch nicht mehr wichtig.

Aber heute, heute hab ich es begriffen. Ich habe diesen Artikel gelesen und sofort schoss mir der kleine Junge in den Kopf.

Der war am Ertrinken.
Mitten im vollen Schwimmbad.

Unglaublich. o.O

Ein Gedanke zu „Erinnerungen #3

  1. Schlimm. Ich habe vorletztes Jahr auch ein Kind aus einem vollen Schwimmbad gefischt. Es war extrem voll, es war im Wellenbecken und das Kind, ca. 2 Jahre alt, war offenbar der Mutter aus dem Arm gerutscht, rein in die Wellen und Menschenmassen. Eine Freundin und ich griffen geistesgegenwärtig sofort zu und haben das kleine Kind rausgefischt. Wenn man selbst Kinder hat (und erwachsen ist), ist man für sowas ja recht sensibel.

    Ein halbes Jahr später ist in dem Schwimmbad (Turm Oranienburg) wirklich ein Kind ertrunken.

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